Mann für Mann
 
 
Alexander wird in die Triathleten Familie aufgenommen.
Romantik / Sportler
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Ein Sommertag im Aufbruch. Kleine Motorboote setzten die letzten Bojen für die Schwimmstrecke. In den frühen Morgenstunden war ich mit dem Rennrad zum Starnberger See aufgebrochen. In einiger Entfernung war das geschäftige Treiben von Arbeitern zu hören, die mit den Vorbereitungen des morgigen Triathlon beschäftigt waren. Hier und da zerstreuten sich Teilnehmer, um die Routen zu begutachten.

 

Ich saß auf der Wiese, am Ufer des wunderschönen Sees und dachte an Alexander. An viel mangelte es Alexander eigentlich nicht. Es fehlte ihm Erfahrung, Selbstüberzeugung, mentale Stärke und das Wissen, wie er seine Kraft effizient und ausgewogen einsetzten muss, um in allen drei Disziplinen zu bestehen. Der Blick auf seine Ressourcen war um einiges aufhellender. Von seiner „Ausstattung“, dem nötigen Sitzfleisch auf dem Sattel, bis hin zu seinem Ehrgeiz war er für mich das perfekte Paket. Die Sonne zeigte sich endlich warm. Ich legte mich auf den Rücken, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und genoss die Sonne im Gesicht. Ich freute mich darauf, den ganzen Tag alleine mit ihm verbringen zu können. Die Mission lautete, ihn bestmöglich mit Tipps zu versorgen, seinen Triathlon Nebel zu lichten und herauszufinden, ob er Männern zu oder abgeneigt war. Gegen meinen überzeugten Atheismus schickte ich dennoch optimistische Stoßgebete in den Himmel.

Ich roch ihn sofort, als er endlich ankam, schwungvoll neben mir abbremste, und vom Rennrad sprang. Gut gelaunt, gut angezogen, immer lächelnd und voller Tatendrang. „Hey Philipp, schläfst du?“, begrüßte er mich und lehnte sein Bike vorbildlich gegen eine Steg-Einfassung. „Nein, ich hab’ nur geträumt“, erwiderte ich, stand auf und wir schlossen einander kurz in die Arme zur Begrüßung. Ich warf einen Blick auf seine Garmin am Lenker.

„Super! 80 km, Pace 28, das passt“, ich nickte ihm anerkennend zu.

„Vielleicht bin ich ja gar nicht so schlecht, wie du denkst“, er steckte sich die Sonnenbrille in den Helm, stemmte die Hände in die Hüfte und musterte die Bojen.

„Das ist die Marter Strecke also?“, er deutete mit dem Kopf zu den Bojen gegenüber.

„Dreimal die Strecke?“, fragte er nach und sah mir wieder so in die Augen, dass sich mein Außenfühler streckte. Ich setzte lieber meine Sonnenbrille auf, wenn das so weiterging, würde er meine Blicke enttarnen und wenn ich mich nicht bald in den Griff bekommen würde, würde mir der Sabber nicht nur aus dem Mundwinkel triefen. „Viermal“, korrigierte ich ihn.

„Am besten prägst du dir die Bojen gut ein. Wenn du außerhalb erwischt wirst, bekommst du Strafminuten auf dein Zeitkonto.“ Ich betrachtete sein Seitenprofil, die Seite, an der sich die blasse Narbe durch sein Gesicht zog. Er hatte die Arme verschränkt. In seinem Nacken glänzte Schweiß und seine Wimpern formten begehrenswerte Schlafzimmeraugen. Wie kann man sich nur von jemanden Fremden so angezogen fühlen? Das machte mich ganz matschig im Kopf und das war keine gute Voraussetzung für den Wettkampf. Er wischte sich die Mundwinkel aus, knetete seine Unterlippe und atmete laut ein.

„Wie lange brauchst du für die Distanz?“

„Das spielt keine Rolle. Du achtest nur auf dich, nie auf die anderen. Wenn du deine Kraft schon beim Schwimmen verbrauchst, kannst du beim Laufen nicht mehr angreifen.“

Er ging zum Ufer, an das Wasser, dann öffnete er den durchgängigen Reißverschluss seines Trikots. Ich blieb verwundert stehen, als er aus den Ärmeln schlüpfte. „Mein Problem ist, ...“, begann er und ließ seine Schultern kreisen. Dann warf er sein Trikot in die Wiese. Ich wollte meinen Oberkörper an diesen schönen Rücken reiben, ich wollte mich von hinten an ihn schmiegen und über seine Backen streicheln.

„... ich krieg‘ den rechten Arm nicht hoch“, beendete er den Satz. Er schwang den rechten Arm nach oben, aber der Arm blieb auf Brusthöhe stehen. Und als er sich unbedarft zu mir umdrehte, sah ich auch warum. Sein Oberkörper war wie geschmolzen, blass und die Haut unterschiedlich verfärbt und verzogen, keine Brustwarzen waren zu sehen. Die rechte Achsel war kaum vorhanden, nur unelastisches Gewebe, das unnatürlich verwachsen war. Sein Oberarm war umspannt von zäher, vernarbter Haut. Unterhalb seines Bauchnabel waren weder Narben noch Spuren einer OP zu sehen. Das traf mich unerwartet. Ich war geschockt. Sein Oberkörper sah so aus, als hätte jemand durch ein nasses Öl Porträt geschmiert.

 

„Das beeinträchtigt dich?“, stellte ich fragend fest. Weder wollte ich sensationsgierig nach dem Ursprung dieser Narben fragen, noch wollte ich ihn mit einer schockierten Reaktion verunsichern. Er griff sich mit der Hand des unbeeinträchtigten Arms unter die entstellte, eingeschränkte Achsel und rieb sich die hängende Haut.

„Ja, aber so richtig. Das hier stört den Bewegungsablauf beim Brustschwimmen“, erklärte er mir. Dann blickte er verlegen drein, weil er vielleicht selbst über seine Offenheit erschrocken war?

„Darf ich mal anfassen?“, entkam mir neugierig. Er hob den Arm an und nickte. Ich befühlte die hängende Hautnarbe der Achsel. Eine vernarbte Schwimmhaut zog sich unter seine Achsel, so, als habe sich dort eine Spinne ein Netz gebaut.

„Spürst du das?“, fragte ich ihn, als ich seine Haut berührte. „Nein“, antwortete er. Ich tastete da weiter, wo sich eigentlich seine Brustwarzen hätten befinden sollen. „Und das?“ Er schüttelte den Kopf und unsere Nasen berührten sich fast, als ich seinen Atem im Gesicht spürte. Unsere Helme stießen leicht aneinander, als ich sein zähes Narbengewebe ertastete. Mir war, als würde ich seine Körperwärme spüren und mechanisch schob sich mein Becken gegen sein Becken. In meinem baute sich schon der Außenfühler rasant auf. Er roch salzig frisch, holzig, maskulin, intensiv wie Leder, und nach frischer Dusche, mit einer aphrodisierenden Wirkung. Impulsiv kniff ich ihm fest in die narbenfreie Zone, unterhalb des nach außen gestülpten Bauchnabels, am Bund seiner engen Radler.

„Hey!“, rief er aus und knickte dramatisch ein.

„An den wichtigsten Stellen spürst du also noch was, ja?“

Er schlug mir gegen den Bauch und warf mir einen teuflischen Seitenblick zu. „Ja, der funktioniert noch und hat gerade einiges gespürt“, er musterte mich misstrauisch lange. Mir wurde schon unangenehm zumute und deshalb hob ich sein Trikot auf und wartete, bis mein Außenfühler abkühlte. Er würde mich bestimmt gleich zur Rede stellen, falls ich seinen nagenden Augenausdruck richtig interpretiere.

„Zieh dich an“, ich warf ihm sein Trikot entgegen. Er fing es mit einer Hand.

„Oder soll ich dir beim Anziehen helfen?“, bot ich ihm an.

„Du bleibst mal schön da, wo du bist“, er schlüpfte in die Ärmel und ein Mundwinkel zog sich heimlich schmunzelnd nach oben. Genau in diesen Mundwinkel hätte ich ihn jetzt gerne geküsst. Er schloss den Reißverschluss. Zwischen seinen Augenbrauen hatte sich eine misstrauische Falte gebildet. Es bestand dringender Bedarf für ein Ablenkungsmanöver. Ich deutete räuspernd auf das nahe Ufer, das bereits durch rote Absperrbänder gekennzeichnet war.

„Wenn morgen der Startschuss knallt, werden alle gleichzeitig ins Wasser stürmen. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass sich jeder selbst fair einsortiert mit einer realistischen Selbsteinschätzung. An der Frontlinie stehen nur die Geübten und Schnellsten, etwa ein Viertel der Teilnehmer. Die anderen stehen seitlich, oder dahinter“, erklärte ich und straffte meine Schultern. Er war mir wieder näher gekommen, blieb neben mir stehen. „Ich hab schon Tritte erlebt und Rangeleien. Die Stimmung ist zu Beginn sehr animalisch und grob. Du sicherst dir am besten einen risikofreien Startplatz, aufholen kannst du ja immer noch.“

„Bei mir sieht’s halt komisch aus, wenn ich schwimme“, bemerkte er.

„Darauf wird niemand achten, die fahren alle ihren eigenen Film, Alex. Schwimm so gut wie du es eben kannst.“

Und gerade als ich dachte, wir zwei wären auf einem guten Weg und die Mission nähert sich dem Ziel, watschelte uns die stets unerträglich gut gelaunte „Pinguin Gruppe“, samt Bikes mit fröhlichen Winken und Begrüßungslauten entgegen. Die acht Männer trugen alle noch ihre Klicker und das ließ ihren Gang staksig wirken, wie Pinguine. Ab und zu trainierte ich mit ihnen, aber aus dieser verrückten Horde hatte ich mich vor einiger Zeit zurückgezogen, nachdem mir das Zuhören ihrer Alltagstrivialitäten (Vom neuesten Weber Grill Modell bis hin zu den erfolgreichen Erfolgen ihrer erfolgreichen Brut) zu anstrengend geworden war.

 

Außerdem hatte der Initiator Mathias, (Typ: seriöser Familienvater, seriöser Finanzberater, Reiheneckhaus in Starnberg. Einer, der immer weiß, wo es langgeht, auch ohne Navi) auf einheitliche Wettkampf-Trikots bestanden, mit der Folge, dass nun alle schwarze Speedcats tragen mussten, mit orange abgesetzten Ärmeln, und weiß abgesetzten Bauch. Aus diesem Grund verfolgte mich die aufdringliche Assoziation einer Horde von Pinguinen und wenn sie sich dann auch noch mit ihren Rennrad Klickerschuhen vorwärts bewegten, waren sie von Pinguinen tatsächlich nicht mehr groß zu unterscheiden. Aber, was tut man nicht alles für das Gemeinschaftsgefühl. Für mich war es mittlerweile eher ein Zwangsgemeinschaftsgefühl geworden. Im Gegensatz zu Alexander und mir trugen diese Männer Eheringe.

Neugierig umkreisen sie uns, warfen studierende Blicke auf die Bojenstrecke, fachsimpelten durcheinander und ich umarmte einen nach dem anderen und man tauschte freundlichen Small Talk aus. Die könnten mir echt noch die Tour vermasseln, befürchtete ich panisch und das taten sie dann auch.

„Mein Bester“, Mathias schlug mir fest gegen die Oberarme, drückte mich an sich, schob mich an den Schultern wieder von sich, strahlte mich erst an und verlangte dann mit strenger Miene: „Du solltest dich mal wieder zu unserem Training sehen lassen.“

„Wir sind ihm wohl nicht mehr gut genug“, vermutete Tim. Tim war in Vaterzeit. Vaterzeit hieß für Tim, dass er seinen Einjährigen um 8:00 Uhr bei der Tagesmutter abgab, um ihn dann um 15:00 Uhr abzuholen, damit er ausgiebig in den Bergen unterwegs sein konnte.

„Wir haben dich vorgestern auch alleine fahren sehen“, Tom steckte seine Sonnenbrille in den Fahrradhelm und ließ eine Augenbraue streng nach oben wandern. "Wir haben dich gegrüßt, aber du hast uns ignoriert.“

„Ich hatte Kopfhörer drin“, beteuerte ich. Ich hatte sie wirklich nicht bemerkt.

Alexander und ich wurden von den Pinguinen neugierig umzingelt. Besonders das Rennrad von Alexander wurde anerkennend gemustert und er wurde mit Fragen zur Ausstattung bombardiert, die er nicht schnell genug beantworten konnte.

„Ab und zu fahr’ ich doch noch mit“, verteidigte ich mich.

An Alexander gewandt, sagte Tom im flüsternden, verschwörerischen Ton: „Der sagt, er kommt, wir warten alle und er kommt einfach nicht. Oder, er kommt, aber dann nie pünktlich. Er hat immer 'ne Ausrede, mal 'ne Knieentzündung, dies und das, ...“

„Ich hatte wirklich eine Knieschleimbeutel-Entzündung. Acht Tage lang musste ich Ibuprofen achthundert dreimal täglich, mit Magenschoner, einnehmen, ...“, verteidigte ich mich, aber das ging im Protest der Pinguine unter, die meine Aussage wieder als unglaubwürdig abtaten.

Mathias, Leitwolf, unterbrach den Protest mit vermittelnden Worten und einer, zum Schweigen auffordernden Handmeldung: „Aber wenn er mal kommt, was leider selten geworden ist, ist er schon sehr gut dabei.“ Alle nickten und brummten zustimmend.

„Das ist übrigens Andreas“, versuchte ich der ganzen Gemengelage zu entkommen.

„Alexander“, korrigierte er mich, während er eine Hand nach der anderen schüttelte.

„Ja, genau. Das ist Alexander Steinhäuser, neu in München. Das ist sein erster Triathlon.“

„Steinhauser“, korrigierte er mich erneut.

„Hast du Bock, dass wir dich in unsere Gruppe schmeißen auf WhatsApp?“, fragte ihn Tom und zückte sofort sein Handy. „Gemeinsam trainiert es sich viel leichter und wir nehmen dich erstmal im Windschatten mit“, fuhr er fort.

Das war ja eigentlich m e i n e r, meiner ganz allein und irgendwann hätte ich ihm schon die Gruppe empfohlen, aber ich wollte ihn doch noch allein unter meinen Fittichen haben. Am Ende setzten sie ihm vielleicht noch Flausen in den Kopf, Dinge wie Kinder und Familie, Heterosexualität und Sesshaftigkeit und dann wäre meine vage Perspektive mit ihm Staub und Asche.

„Ich würde dich später der Gruppe hinzufügen?“, bot ich ihm fragend an und Alexander nickte zustimmend. Mit ernster Miene äußerte ich meine Bedenken: „Aber an deiner Stelle würde ich mir das sehr gut überlegen, denn sie zwingen dich in dieses unfassbar hässliche Pinguin-Kostüm.“ Alexander lachte auf und ich wurde spaßig von der Gruppe angegriffen. Tom boxte mir hart in die Rippen. Als sie endlich von mir abließen, zupfte Tim stolz an seinem hautengen Pinguin Trikot. „Nur bei Wettkämpfen dürfen wir die anziehen“, erklärte er. „Ich würde mich freuen, mit euch zu trainieren, wenn du auch dabei bist, Philipp, sehr gerne“, kam Alexander im Tumult noch zu Wort. „Lasst von euch hören. Philipp, zieh dich nicht so zurück!“, bemerkte Mathias freundschaftlich zwinkernd und das Geschwader zog weiter zum Feld.

 

Wir sahen der Gruppe nach und waren endlich wieder allein. „Die fahren jetzt zur ersten Wechselstation“, ich deutete ihnen nach, „Da, wo die Bauzäune aufgestellt werden. Siehst du?“ Ich rieb mir die schmerzhaften Rippen. Tom übertrieb es wirklich immer. Der ganze Haufen war unberechenbar. Er inspizierte mich lächelnd. Mein Puls strömte nach unten und Elektrobass machte sich zwischen den Beinen im Außenfühler bemerkbar und zwischen den Ohren pfiff der Wind Restgehirn weg. Zurück zur Sachlichkeit, sonst hätte ich ihn bei lebendigem Leib gefressen. Ich zeigte zum Wasser und dann wieder zum Feld. „Vom Wasser bis zum Feld sind es ungefähr 100 Meter, der Weg wird morgen eingezäunt sein, dann so schnell wie möglich umziehen und zackig aufs Rennrad.“

Wir schoben unsere Bikes zur Wechselzone, die sich noch im Aufbau befand. Alexander befand sich vor mir und ich sah seinem Hintern beim Gehen zu. Hätte ich einen Laserblick, wäre sein Sitzpolster in Sekundenbruchteilen ausgefräst gewesen. Irgendwie musste ich das Gespräch in eine private Richtung leiten. Ich musste mehr über ihn herausfinden. Das Pinguin-Geschwader hatte mich ganz aus dem Konzept gebracht. ‚Schwul bist du nicht zufällig, oder?‘, hätte ich ja schlecht fragen können. Das Muskelspiel seiner Waden und die Kompressionsradler, die seinen Hintern so perfekt komprimierte! Ich räusperte mich gegen meine lauten Gedanken.

„Nette Leute kennst du“, sagte er so nebenbei.

„Ja, die sind echt nett. Ein toller Haufen, wirklich“, antwortete ich und wir schoben die Bikes eine leichte Steigung hinauf. „Bist du alleine in München?“, fragte ich ihn unauffällig.

„Ja“, antwortete er geschlossen auf meine geschlossene Frage.

„Keine Familie?“, wagte ich mich weiter voran.

„Nein“, antwortete er.

„Es ist auch nicht leicht, in München Anschluss zu finden“, bemerkte ich.

„Ja, ihr seid die ersten, die ich hier kennengelernt habe,“ antwortete er über die Schulter. „Außer ein paar Rentner Nachbarn und Arbeitskollegen“, schob er hinterher.

„Warum hast du dich eigentlich so schnell für einen Triathlon entschieden?“, die Frage entkam mir und ich jagte schnell eine Entschärfung hinterher. „Du hättest ja erstmal einen Marathon laufen können, oder irgendwas mit Volksdistanz, zum Vorfühlen, um ein Gefühl zu bekommen,...“ Er blieb kurz stehen, als hätte ihn ein Blitz getroffen. „Ich hab‘ viel nachzuholen“, das klang erst leise und dann klang es traurig und in diesem Moment wusste ich, dass das vernarbte Gewebe auf seinem Körper nicht die einzige unelastische Stelle seines Lebens war.

Wir erreichten die Wechselzone und die Pinguine winkten uns aufgeregt vom äußersten Rand der Wechselstation. Geschickt hatten sie Fahrradständer am Ausgang reserviert und extra zwei Ständer für uns freigehalten. Zwar war schon einiges reserviert, aber dafür war der Platz perfekt.

„So!“ Tim rieb sich die Hände siegessicher und trällerte der Gruppe entgegen: „Jetzt fahren wir noch die Rennradstrecke ab, dann checken wir die nächste Wechselzone ab, und dann fahren wir die Laufstrecke ab, und dann ab mit euch ins Körbchen, ihr süßen Scheißerchen!“ Er kniff dem armen Rüdiger in die feisten Wangen. Rüdiger: Lehrer, adoptierter Introvertierter der Gruppe, verheiratet, ein Kind, still, zäh, belesen und zu jeder Schandtat bereit. Tim: Gefangen im Körper eines Bankers und war in seinem verfehlten Leben eigentlich Kinderanimateur auf Mallorca. „Nahaa, ihr zwei, kommt ihr mit?“, forderte uns Tom begeistert auf.

Tim warf seinen Arm um meinen Alexander, zog ihn nah an sich und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Alexander lachte auf. Er sah mich grinsend an.

„Was hast du ihm ins Ohr geflüstert, Tim?“, fragte ich nach. Die beiden lachten.

„TIM! Sag’s mir!“, forderte ich ihn auf, der unterdrückte sein Lachen, schüttelte seinen Kopf und stieg gemeinsam mit seiner Pinguin-Bande aufs Rad.

Ich schnaufte tief in den Bauch und klickte in eine Pedale. Alexander sah mir dabei zu. „Was hat er dir gesagt?“, fragte ich ihn, aber er blieb mir schmunzelnd eine Antwort schuldig. Es hatte eh keinen Zweck, dem verrückten Haufen war ich hoffnungslos unterlegen. Wir traten in die Pedale, den schnatternden Pinguinen hinterher. Das Schnattern verstummte bald bei fünfzehn Prozent Steigung. Ein jeder sah auf seine Garmin, bemüht die Pace zu halten, aus albern war ernst geworden, aus witzvergnügten Gesichtern wich der Spaß und eine unwandelbare Wettkampflust zeigte sich in allen Gesichtern. Wir kletterten die Steigung, ohne nachzulassen und endlich war mein Kopf aus. Endlich war da Ruhe und Frieden und ich schloss zu Mathias auf. Im gleichen Rhythmus fuhren wir nebeneinander her und es fühlte sich befreiend an, an nichts zu denken, nicht mal an Alexander.

Und dann war ich doch dankbar für eine Gruppe wie diese. Eine Gruppe voller verrückter, geselliger, aufgeschlossener Männer, die sich selbst nicht so ernst nahmen. Auch, wenn ich nur als Teilzeit Extrovertierter mithalten konnte. Schätzungsweise ging es Alexander ähnlich und er wartete nur darauf, von diesem Haufen gut gelaunter, weltoffener Triathleten adoptiert zu werden. Vernarbte Seelen witterte ich kilometerweit gegen den Wind und all die liebenswerten Hintern auf Romeo und Grindr waren mir nie so nahe gekommen wie mein Alexander.

Wir erreichten die letzte Wechselstation. Hier stellte man sein Bike ab und zog sich für den Lauf um. Während sich die Gruppe besprach, an welchen Treffpunkten sie sich versammeln würden, am morgigen großen Wettkampftag, nahm ich Alexander beiseite, um ihm das Wichtigste zu zeigen.

„Pack den Wechselbeutel in der Reihenfolge, wie du dich umziehst, die Laufschuhe unter den Beutel. Gleich morgen eher da sein und dann alles an Ort und Stelle bringen, ok?“

Und dann stiegen wir auf unsere Rennräder, fuhren nebeneinander im Windschatten der Gruppe, die Laufstrecke entlang und als die bewältigt war, trennte sich nach und nach jeder von der Gruppe und fuhr in unterschiedlichen Richtungen nach Hause. Von Starnberg lebte ich nur fünfzig Kilometer entfernt. Alexander musste weitere dreißig Kilometer zurück nach Hause fahren.

„Wir sehen uns morgen“, sagte ich und wir drückten uns zum Abschied. Ich hatte vergessen zu essen, mein Magen knurrte. Ich zog einen Energieriegel aus meiner Rückentasche und sah ihm hinterher, bis er aus meinem Blickfeld verschwunden war.

 

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