Mann für Mann
 
 
Der Wettkampftag.
Romantik / Sportler
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Angst. Meine nannte ich „Gisela“. Gisela wohnte in einem 60er Jahre Mehrfamilienhaus, das über ein demokratisches Wohnungsgemenge verfügte. Sie war Frührentnerin und besaß einen adipösen Zwergpudel, der bevorzugt Rennradfahrer Waden mit seinem Gebissabdruck tätowierte. Katzen mochte er auch nicht. Gisela war die Endgegnerin im Triathlon. Gisela war obszön, ungepflegt und lud sich ungebeten, während des Wettkampfs, im Kopf ein. Sie sorgte für negative Gedanken: Warum tust du dir die Scheiße an? Hast du dich jetzt genug gequält? Wie blöd kann man eigentlich sein? Das macht doch alles keinen Sinn!

 

Triathlon ist quasi ein verpacktes Radrennen mit einer Stoffwechselschlacht. Zuvor das Aufwärm-Schwimmen und zum Ende hin ein Cooldown-Lauf und währenddessen zog man in die Schlacht gegen Giselas verbitterte Grußbotschaften und versuchte, ihren angriffslustigen Köter vom Bein zu schütteln.

Der Triathlon Tag startete also mit Gisela, Vor-Start-Nervosität und Traumspurresten von Alexander im Gehirn. Ein Wirrwarr im Kopf. Nach dem Check-In der einzelnen Wechselzonen begab ich mich durch den Tumult an das Ufer des Sees. Die Teilnehmer trudelten in Horden ein. Männer in Powerskins, oder Neoprenanzügen mit Schwimmbrillen um den Hals. Einige streckten sich warm, andere schwammen sich ein. Eine Durchsage aus einem Megaphon kündigten an: „Noch zwanzig Minuten bis zum Start!“ Das Adrenalin mobilisierte alle Kräfte. Höher. Schneller. Weiter. Allen Teilnehmern sah man die einfordernde Anspannung an und Frau Gisela Angst wurde zur Mitspielerin. Sponsoren. Plakatwände. Sponsoren Fotowände. Aufgeblasene Torbögen, beschriftet mit: ‚Start‘ und ‚Du schaffst das‘, taumelten leicht im sommerlichen Morgenwind. Zwanzig Minuten. Wettkampffieber und das Herz schlug Kapriolen im Hals. Die Kulisse schrumpfe weg, als ich Alexander in der Ferne sah im kurzärmeligen Neopren Anzug, der nass glänzend seinen vernarbten Oberkörper verbarg.

Er befand sich seitlich der Startlinie am Seeufer und war von einigen Pinguinen umringt. Sie diskutierten laut, schlugen ihm auf die Schulter. Er lachte blendend, und schien Fragen zu beantworten. Vielleicht fühlt sich so Verliebtsein an? Man möchte demjenigenwelchen nur beim Sein zusehen. Alexander sah sich nervös um und wartete bestimmt auf mich. Eigentlich sollte ich die verbleibenden zwanzig Minuten zum Einschwimmen nutzen. Es zog mich jedoch zu ihm.

„Aufgeregt?“, fragte ich ihn und umarmte ihn fest. Er drückte mich fest an sich, sein Herz raste.

„Ja, sehr“, antworte er. Tim und Tom, Rüdiger, Mathias und der Rest der Trainingsgruppe begrüßten mich und wünschten Alexander Erfolg und danach drängelten sie sich durch die Teilnehmer Horde bis nach vorne zur Starlinie am Ufer des Starnberger Sees.

„Gehst du nicht mit?“, fragte er und sah meiner Trainings Gruppe nach, die sich Reihe um Reihe nach vorne durchkämpfte. Ich setzte mir die Badekappe auf, und zögerte. Ich wollte am liebsten seinen Babysitter spielen, genauso gerne wie ich meine Bestzeit übertrumpfen wollte.

„Hast du dich schon ein geschwommen?“, wich ich aus.

„Ja. Ich starte hier hinten. Geh doch zu deinen Leuten“, forderte er mich erneut auf und kämpfte mit seiner engen Badekappe.

„Warte“, ich nahm ihm die Badekappe aus den Händen. „Beug’ mal den Kopf runter.“ Alexander hielt mir seinen gebeugten Kopf hin.

„Du fährst mit zwei Händen hinein, erst auf die Stirn und dann nach hinten ziehen.“ Sie saß wie angegossen und faltenfrei. Ich zog ihm seine Schwimmbrille vom Hals über seinen Kopf.

„Schleck mal die Gläser aus, dann beschlagen sie nicht.“ Ich hielt sie ihm entgegen. Er verzog angewidert das Gesicht. „Das hilft wirklich“, beteuerte ich. Meine hatte ich schon ausgeschleckt und sie war bereits über meiner Badekappe in Position gebracht. Er nahm die Schwimmbrille aus meiner Hand und fuhr mit seiner Zunge pflichtschuldig und schnell über die Innenseite der Speedogläser. Wir grinsten uns unbeholfen zu. Ich nahm sie aus seiner Hand und zog sie ihm über dem Kopf. Danach stellte ich die verdrehten Riemen richtig ein und zog die Brille auf seine Badekappe. „Aufsetzen, bevor du ins Wasser stürmst“, riet ich ihm.

„Gut in Shape dein Oberkörper“, sagte er unversehens und ich lächelte wohl auf die denkbar dämlichste Art und Weise entzückt.

Ich fuhr mir platt verlegen mit den Händen über den nackten Bauch.

„Deine Leisten sieht man richtig“, machte er mir erneut ein Kompliment.

Huch! So verlegen hatte ich mich das letzte Mal gefühlt, als ... das war schon so lange her, dass ich es vergessen hatte.

 

„Gefällt mir. Mein Oberkörper sah auch mal so gut aus“, nickte er anerkennend. Und dann kam es wieder zu so einem angenehm kitzelnden Blickaustausch, in dem wir einander belauerten. „Noch acht Minuten bis zum Start“, verkündete das Megaphon blechern.

Zermatscht von so viel Komplimenten, stotterte ich wie ein Vollidiot: „Ich finde dich, äh ... auch sehr attraktiv. Also wirklich sehr, ... hübsch, ... nicht die Narben“, verhaspelte ich mich. „Ich meinte, auch wegen der Narben. Aber nicht nur. Ich meine nicht die optischen Narben ...“, stotterte ich weiter.

„Verbockt, du selbstverliebter Vollidiot!“, mobbte mich Gisela höhnisch, während ich als peingekrümmter Shrimp am Boden lag. Dann lächelten wir einander wieder zu, grässlich verunsichert und verstohlen zugetan.

Die Pinguine brüllten vom Startufer aus meinen Namen. Tim hüpfte wie ein Flummi auf und ab und orderte mich winkend herbei. Rüdiger pfiff ohrenbetäubend laut auf seinen Fingern. „Ok, Alex. Schalt den Kopf aus.“ Ich drückte ihn lange an mich. „Du auch. Viel Erfolg“, nuschelte er mir in die Halsbeuge.

Wir lösten uns und ich nutze die Gelegenheit, ihm fest auf den Hintern zu schlagen. „Zieh durch!“ Dann rannte ich los durch die Menge, drängelte mich an vielen Schultern vorbei. Die Pinguine pressten sich in der ersten Reihe wie Ölsardinen aneinander, um mir noch einen Platz in der ersten Reihe zu ermöglichen.

„Mann, Philipp. Das ist nicht dein Ernst. Jedes Mal bist du zu spät, jedes Mal!“, beschwerte sich Tim. „Wird immer schlimmer mit dem“, pflichtete ihm Tom bei und sah mit aufgesetzter Schwimmbrille entschlossen und nervös auf das Wasser. „Es sind doch noch zwei Minuten“, versuchte ich ihre Anspannung zu mildern.

„Jungs! Hört jetzt auf! Konzentriert euch“, befahl Mathias und war schon in gebeugter Startposition. „Wenn wir es diesmal alle unter dreieinhalb Stunden schaffen, schmeiß’ ich morgen das größte Grill-Fest für euch.“

Bevor ich meine Schwimmbrille aufsetzte, blickte ich über die Schulter, aber Alexander konnte ich zwischen den vielen Gesichtern nicht mehr ausmachen. „Eine Minute bis zum Start“, verkündete das Megaphon. Von hinten wurde gedrängelt, aber wir bildeten eine gute feste erste Reihe. „Du bist nicht bei der Sache“, maulte mich Tim leise an. „Mit 100 Liter Bierfass!“, ergänzte Mathias. „Enttäuscht mich nicht!“

Die letzten Sekunden verliefen zäh. Adrenalin kitzelte so sehr im Unterbauch, dass es Harndrang auslöste und der Atem wurde schnell. Dann knallte der Schuss und wir stürmten ins Wasser. Matschiger, schlammiger Boden. Hechtsprung. Vorsprung ausbauen. In den Rhythmus finden. Nicht auf die andern achten. Nach vorne, so schnell wie möglich. Beinstöße. Armschwünge. Tritte gegen die Beine. Atmen. Mit dem Wasser gleiten. Anfangstrubel im Massenstart. Alex, ich will dich wirklich haben. Nicht so, wie ich die anderen haben wollte.

„Oh oh, Philipp, da ist dein Muskel Freund Rambo. Der hat schon Rüdiger überholt und Tom. Jetzt ist er schon an Mathias vorbei! Das sieht nicht gut aus für dich“, rief Gisela aufgeregt. „Er ist hinter dir! Du schaffst es nicht, Philipp. Du hast ihn unterschätzt, du eingebildetes Arschloch!“ Sie kreischte lachend und ihr faltiger Mund zog an einer Zigarette. Ihr Kläffer stimmte bellend in ihr spöttisches Gelächter ein.

Rambos kugliger Bizeps stob an mir vorbei. Lass ihn vorbei, der verschleißt nur seine Kraft. Halt den Mund, Gisela. Hoffentlich ging es Alexander gut in dieser aufgehetzten Stimmung. Ich will ihn haben, genauso wie im Traum. Das Wasser spritzte aufgepeitscht. Darin tummelte es sich wie in einem Fischzuchtbecken, wenn sie das Wasser abließen, um die Fische einzufangen. Rambo überholte dramatisch mit unnötigen Wellen und kräftigen Arm,-und Beinabschwüngen. Schon in der ersten Runde befand er sich auf den ersten Rängen. Achte nicht auf Rambo. Zweite Runde. Dritte Runde. In der vierten überholte ich ihn und mein Ratpack befand sich im engeren Umkreis. Wenige schneller, einige langsamer.

 

Raus aus dem matschigen Ufer, barfuß über den steinigen Feldweg entlang, die Badekappe vom Kopf reißen und die Schwimmbrille, die Meter zur Wechselstation hetzen. So schnell wie möglich laufen. Ausgelaugt vom Turbo Schwimmen. Ein bebender Oberkörper. Gisela lauerte, ihr Köter lauerte. Geh weg, Gisela! Rechts und links liefen ambitionierte Teilnehmer, auf dem Weg zum Rennrad. Abtrocknen. Umziehen. Ein Boostergel schlucken. Das Rennrad zum nächsten Start schieben. Endlich auf dem Rad. Aufschließen nach vorne zu Mathias. Nicht denken. Treten. Puls senken.

„Zerleg dich! Zerleg dich vollends! Geisteskrank!“, kreischte Gisela. Frieden. Ruhe. Treten. Nach und nach kamen die Pinguine zusammen. Ich trug ihr Kostüm, als Zeichen der Zugehörigkeit zur Feier des Tages. Eigentlich war ich ja gern Einzelgänger, aber dieser verrückten Gruppe konnte ich nicht widerstehen. Hände an die Bremsgriffe. Mathias der Anführer taktierte uns in den belgischen Kreisel. Er hatte den Wind im Blick und unsere Leistungsklassen.

Er winkte mich nach vorne, genau da, wo die Steigung begann. Ausgerechnet mich schickte er nach vorne! Ich war der personifizierte Steigungsmuffel. Er deutete unauffällig seine Mannschaft zusammen, deutete den da hin und den anderen dorthin und wie ein Geschwader Kampfjets griffen wir nach und nach Gruppen und einzelne Teilnehmer an.

Die längste Etappe. Treten. Einspielen. Kopf ausschalten. Kilometer für Kilometer. Gegen den Seitenwind lenken und die grüne Natur rauschte vorbei. Hinter uns verdünnten sich die Verfolger. Wir könnten es tatsächlich das erste Mal alle gemeinsam schaffen. Es war erstaunlich, denn je weiter wir kamen, je mehr Gruppen wir auseinandernahmen, desto einsamer wurde es vor uns. Ab und zu kreuzten Aufsichtspersonen auf dem Roller unseren Weg. Keiner war mehr da. Wir schienen die Ersten zu sein und das wirkte sich auf die Stimmung aus. Wir grinsten uns zu und waren entschlossen, den Vorsprung auszubauen. Tim drehte wieder durch und brüllte wie ein Gorilla und schlug sich auf die Brust.

Letzte Station. Laufen. Der Akku war noch geladen, ungefähr bei 20 Prozent. Rambo war verschwunden und Alexander auch. Ich hoffte so sehr für ihn, dass er kämpfte und gut zurechtkam. Ohne Erfahrung fühlte sich der erste Triathlon wie eine Folter an. Und selbst, wenn er als Letzter ins Ziel kommen würde, ich würde ihm meine Medaille schenken und mein Leben und ich würde ihn feiern wie einen Helden. Rennrad abstellen. Laufschuhe an. Trikot wechseln. Laufshorts an. Erschöpfung.

„Nicht nachlassen, Jungs“, motivierte Mathias außer Atem das Team. Wir liefen zusammen, gedrosselt. Beine wie Blei. Laufen auf Eiern, als wär Gummi gespannt zwischen den Füßen. Neue Belastung. Volles Körpergewicht. Die Mitstreiter näherten sich. Mathias wollte ehrgeizig das Tempo halten. Obwohl er der Älteste war, war er der ehrgeizigste von uns und wir versuchten, mit seinem Laufzyklus mitzuhalten. Ich hätte ihn nicht bremsen können. Ich hätte nicht mal sprechen können. Seitenstechen kündigte sich an und Gisela, wenn ich beides nicht bald kontrollieren würde, kam bestimmt noch ein Krampf hinzu. In den Gesichtern meiner Trainingsfreunde sah ich die gleiche Qual.

„Kommt schon“, knurrte Mathias.

„Selbst schuld! Du hättest Koppeltraining machen sollen. Die Übergänge trainieren, aber stattdessen sitzt du ja lieber auf dem Rennrad, du faules Stück.“ Gisela qualmte. „Das hat doch keinen Zweck, Philipp, gib doch einfach auf. Wovor läufst du denn immer weg?“ Verschwinde, Gisela und vergiss deine Ratte nicht.

Nach zwei Kilometer war der Körper endlich eingespielt. Ich spürte es am Puls, in der Herzfrequenz, im Rhythmus der Atmung. Die Sonne schien herrlich warm, streichelte über die nackten Beine. Am abgesperrten Wegesrand nahmen die Zuschauermengen zu, das Ziel war nurmehr wenig Kilometer entfernt. Rüdiger, Sorgenkind der Gruppe, machte uns stolz. Er war klein, sah gedrungen aus, mit Stau am mittleren Ring. Aber heute war er über sich selbst hinaus gewachsen.

 

Nie hätte ich je daran geglaubt, mit dieser Gruppe als Erstes durchs Ziel zu laufen. Die Banderole war gespannt und zog sich quer durch das aufgeblasene Zieltor. Wir hätten gemeinsam hindurchlaufen können, aber überließen dem Leitwolf den Vortritt. Jubel. Rüdiger fiel atemlos auf den Rücken ins Gras. Wir packten und umarmten uns, jubelten und brüllten unsere Anspannung hinaus. Wir gaben unsere Fußgelenktransponder ab und die Jungs begaben sich zur Versorgungsstation. Ich blieb bei Rüdiger. Ich half ihm nach oben. Tim stand am Eingang der Versorgungsstation und winkte mir mit einer Banane in der Hand.

„Brauchst du immer 'ne Extra Einladung? Komm jetzt! Du musst essen!“, rief er ungeduldig. „Ich schau’ mal kurz nach Alexander, ok?“, rief ich zurück und nahm mir aus meiner Trikotrückentasche Powergel. Am Rand des Waldes, hinter dem rot weißem Absperrband ging ich zurück und sah Horden an verschwitzten Männern, die sich Schritt um Schritt gequält ins Ziel kämpften. Ich blieb manchmal stehen, um in den vorbeiziehenden Gesichtern nach Alexander Ausschau zu halten.

Ich fand ihn einfach nicht. Ich war bestimmt schon drei Kilometer zurückgelaufen. Vielleicht saß er noch auf dem Rennrad? Was für ein geiler Tag, was für ein geiler Sieg, aber ihn nicht zu finden, machte mir Magenschmerzen. Schlimmstenfalls saß er noch auf dem Rennrad? Aller schlimmstenfalls hatte ihn die Schwimmeinheit so demotiviert, dass er aufgegeben hatte, befürchtete ich.

Ich sah auf meine Uhr. Unglaublich. Wir hatten die Distanz unter drei Stunden geschafft, grob kalkuliert. Ok, wir hatten unter drei Stunden gebraucht, und die letzten Teilnehmer würden bis zu fünf Stunden brauchen. Aber Alexander war nicht langsam. Aber wo könnte er jetzt sein? Resigniert beschloss ich, die Suche aufzugeben und machte mich auf den Rückweg. Ich machte mich langsam auf den Rückweg, weil die Knie schmerzten und der Körper in Aufruhr war und nach dem Kampf ist vor dem Kampf und nach dem berauschenden Sieg, kroch sofort auch immer eine Brise Blues herauf.

Ich sah seine Nike ‚Zooms‘ in neongelb an mir vorbeiflitzen. Er trug schwarze Nike Laufshorts, eine kurze mit seitlichen Schlitzen. Mit sehnigen Oberschenkel und Muskelspiel in den Waden lief er verschwitzt gegen seinen Kopf an. Seine Arme waren angespannt, Adern traten an seinen Unterarmen hervor und seine Hände waren zu Fäusten geballt. Er schien verzagt und versunken im Kampf gegen sich. Er lief langsam, aber kontinuierlich, gefestigt.

„Wenn du um die Kurve kommst, kannst du das Ziel sehen!“, rief ich ihm zu und lief neben ihm hinter dem Absperrband her. Aus seiner Versunkenheit wachte er auf und strahlte mich an. Hör bitte auf, mich so anzustrahlen. Das zog mir das Fell ab. Ich warf ihm ein Powergel zu, ein schleimiger Traubenzucker, der sofort ins Blut schoss, aber besser als nichts und vielleicht half ihm das auf den letzten Kilometern. Er fing es auf und quetschte es in seinen Mund. Als er die Verpackung in seine Hosentasche der Laufshorts stopfte, sah er mich stolz an. Er wusste, er hatte es geschafft.

„Beweg dein Arsch!“, schrie ich ihm zu und hätte fast eine Mutter mit Kind über den Haufen gerannt. Ich entschuldige mich wortreich bei ihr und hastete weiter.

„Gib Gas, dann hast du es unter 3:30 geschafft!“

„Echt?“, er sah ungläubig herüber.

„Tu nicht so unsportlich. Du bist richtig gut!“

Ich grinste ihn breit strahlend an. Wie konnte er nur so an seiner Leistung zweifeln? Vielleicht bewohnte ihn auch eine sadistische Gisela? Und nach der Zielgeraden stürmst du bitte in mein Bett, schließt deine Augen und ich werde mich um deine Regeneration kümmern. „Mach dich nicht lächerlich, Philipp! Solche sind nicht schwul. Die heiraten, bekommen Kinder. Du bist die einzige Schwuchtel unter den Pinguinen und wirst es auch für immer bleiben.“ Danke Gisela. Ich hasse dich.

„Gib Gummi! Ich warte am Ziel auf dich!“ Ich lief los, weil ich mich so sehr über seinen Erfolg freute. Ich vergaß meine Erschöpfung und wollte die Jungs schnellstmöglich am Ziel versammeln. So sehr hatte ich ihm Selbstwirksamkeit gewünscht und es war sogar besser gelaufen als erhofft.

Zurück am Ziel. Ein Halligalli. Die Pinguine fraßen sich durch das Buffet der Versorgungsstation, sie machten Selfies, stopften Bananen in sich und ich beorderte sie zappelig zum Torbogen des Ziels. Sie blickten Alexander entgegen, der sich inmitten einer Gruppe Athleten durch die letzten Meter quälte.

„Alex ist richtig gut“, rief ich mit Fremdstolz enthusiastisch aus.

„Krass, ja“, pflichtete Tim bei.

„Unnormal! Der holt sich beim ersten Triathlon eine Medaille“, entfuhr es Rüdiger beeindruckt.

Tom schob sich eine Handvoll Nüsse in den Mund. „Der gehört zu uns“, sagte er entschlossen kauend. Zu mir gehört er. Nur zu mir.

Adrenalin aufgepeitscht brüllten wir seinen Namen im Chor. Neun Männer brüllten auffallend laut seinen Namen und dem zukünftig zehnten Teammitglied war dies sichtlich unangenehm. Wahrscheinlich beschleunigte er nur deshalb, um der auffallenden Parolenblamage schnellstmöglich zu entgehen. Als ersehntes Mitglied der Trainingsgruppe sollte er sich ohnehin bald an die infantile Spinnerei dieser Teamkultur gewöhnen.

Ausgelaugt und abgehetzt lief er durch das Tor. Er warf seinen erschlafften Körper gegen meinen und wir taumelten rückwärts und landeten unsanft auf einem Blumenabschnitt am Rande eines Getreidefeldes. In seinen Wimpern hing ein Schweißtropfen. Er blinzelte gegen die Sonne und lag unter mir. Er rang nach Luft und war in meinem Blick gefangen.

Unter mir hechelte sein Körper gegen meinen. Ich schob mein Knie zwischen seine Beine, gegen seinen weichen Schritt, meine Hände waren links und rechts neben seinem Gesicht abgestützt. Aus der Ferne hörte ich wie durch Watte den Jubel der Gruppe. Sie waren jetzt weit weg, obwohl sie uns eng umkreisten. Er strahlte mich dankbar an und drückte mich fest an sich. Sein heißes Keuchen befeuchtete mein Ohr. An meinem Knie spürte ich Softes hart werden.

Ich küsste ihn auf die salzige Stirn und stemmte mich hoch von ihm. Er ließ sich von mir nach oben ziehen und blieb gebückt, auf seinen Knien abgestützt keuchend stehen. „Ich will auch einen Kuss“, blödelte Tim.

„Komm her“, ich winkte ihn heran.

„Hab’s mir anders überlegt“, er wich zurück.

Ein Goldregen der Anerkennung wurde über Alexander ausgeschüttet. Keine dieser externen Anerkennungen war aber in diesem Moment so wertvoll für Alexander, wie die interne. Sie würde blühen, ihn aufrichten, stärker, als je zuvor. Auf dem Waldbrand seiner Narben entstanden neue Sprossen. Die werde ich hüten und die Narben ignorieren. Siegerehrung. Goldmedaillen um den Hals. Selfies. Triumph. Lokalpresse. Mathias nutzte die Gelegenheit, seine Finanzberatung zu bewerben. Und morgen werden wir feiern und morgen wird er mir gehören.

 

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